Foto: Tino Schlench

Wenn Alexandra Folwarski keine Inspiration für angehende Medienfrauen ist, dann weiß ich auch nicht. Sie ist Herausgeberin und das Gesicht der Wiener Bezirkszeitung Ottakringer Flâneur, außerdem betreibt sie ihr eigenes Medienatelier, eine virtuelle Plattform für neue Medienprojekte. Ich habe mit der 38-Jährigen über ihren Weg zur Herausgeberin und über ihre Arbeit hinter den Kulissen der Zeitung gesprochen.

medien.geil: Du bist ja die Herausgeberin der Lokalzeitung Ottakringer Flâneur – wie hast du es geschafft so jung Herausgeberin zu werden?

Alexandra Folwarski: Der Ottakringer Flâneur lag bei mir als Idee schon ganz lange in der Schublade. Ich habe davor im Verlagswesen gearbeitet und habe eine kleine Karriere im Journalismus hinter mir. Durch meine Arbeitserfahrung bei dem Verlag Mediaplanet habe ich gelernt, wie man Marketingkampagnen macht, außerdem konnte ich dort auch selbst Magazine herausgegeben. Das war sehr hilfreich für meine jetzige Arbeit beim Magazin. Dank der Erfahrung, die ich bei Mediaplanet gesammelt habe, fiel mir mein Konzept für den Ottakringer Flâneur außerdem viel einfacher.

Was hast du für eine Beziehung zu Ottakring?

Seitdem ich in Wien bin, lebe ich selbst in Ottakring und verbringe dort auch meine meiste Zeit. Ottakring ist einfach mein Grätzl. Mir ist außerdem aufgefallen, dass dieser Bezirk medial nie so beschrieben wurde, wie ich ihn empfand. Das wollte ich mit dem Ottakringer Flâneur ändern. 

Erzähl uns ein wenig, wie es hinter den Kulissen deines Jobs aussieht – was ist dein typischer Arbeitstag?

Einen typischen Arbeitsalltag habe ich nicht, es passiert jede Stunde etwas anderes! Natürlich habe ich ein großes Team hinter mir, die Organisation ist jedoch allein meine Verantwortung. Ich habe den Ottakringer Flâneur so aufgebaut, dass ich unternehmerisch denke. Als Herausgeberin des Magazins liegt meine Arbeit vor allem darin, zu schauen, dass die Finanzierung da ist. Damit wir das Geld haben, um unsere Ideen umsetzen zu können. Früher habe ich die Arbeit der Chefredakteurin selbst gemacht, mittlerweile konnte ich sie abgeben. 

Was macht den Ottakringer Flâneur einzigartig?

Auf inhaltlicher Ebene sind wir ein Magazin, dessen Ziel es ist, die Vielfalt dieses Bezirks auf Papier zu bringen. Wir fragen uns bei der Erstellung unserer Inhalte immer: Wie können wir zugleich eine Leichtigkeit und eine Ernsthaftigkeit rüberbringen und Leute aus verschiedenen Communities zusammenbringen?

Uns gibt es als Printmagazin und auf Social Media. Das habe ich bewusst so gemacht, weil es mein Ziel ist, alle zu erreichen. Vor allem für die ältere Generation ist das kostenlose Printmagazin da, die meisten jungen Leser:innen finden sich auf Social Media wieder. Ich möchte, dass alle den Spaß am eigenen Bezirk finden.

Wer ist das Team hinter den Kulissen?

Unser Team besteht aus mehreren freien Redakteur:innen. Johannes Lau ist unser Chefredakteur, Tom Koch ist für das Layout und Design zuständig. 

Wie können wir zugleich eine Leichtigkeit und eine Ernsthaftigkeit rüberbringen und Leute aus verschiedenen Communities zusammenbringen?

In Zeiten der Digitalisierung meinen manche, dass Printzeitungen am Aussterben sind. Wie stehst du dazu?

Papperlapapp! Ich denke nicht, dass Print tot ist. Ich denke, dass Print sich verändert und immer mehr zum special interest wird. Im Journalismus gibt es immer mehr Nischen, so auch im Printbereich. Natürlich wird dadurch die Zielgruppe kleiner, aber sie bleibt bestehen. Ich glaube jedoch, dass Tageszeitungen es gerade schwer haben, aber auch da findet sich eine Lösung. 

Foto: Tino Schlench

Hast du eine Lieblingsausgabe oder einen Lieblingsartikel?

Alle Artikel sind meine Lieblingsartikel, ich habe auch keine Lieblingsausgabe, denn jede ist anders. Besonders gerne mag ich jedoch den Artikel „Die Lieder des rastlosen Wanderers“, das ist eine Story über Albert Ehrenstein, einen Schriftsteller jüdischer Herkunft, der 1941 vor den Nazis in die USA fliehen musste. Johannes Lau hat seine Geschichte meiner Meinung nach besonders gut geschrieben. 

Wodurch finanziert sich die Zeitung?

Die Finanzierung erfolgt nur über Werbeanzeigen. 

In den letzten Jahren hat sich das Bild von Ottakring massiv verändert – vom Arbeiter:innenbezirk zur coolen Hipster-Gegend. Manche vergleichen die Entwicklung von Ottakring schon fast mit der von Berlin Neukölln und sprechen von Gentrifizierung. Wie siehst du das?

Das Stadtbild hier in dem Bezirk verändert sich tatsächlich sehr stark, das ist Fakt. Vor allem in den letzten zwei Jahren. Man bemerkt als Ottakringer:in auf jeden Fall, dass immer wieder Investor:innen alte Gebäude abreißen und überteuerte neue Häuser hin bauen. Mittlerweile nimmt das sogar Überhand. Viele Künstler:innen-Ateliers werden gebaut und viel zu teuer vermietet, wo ich mich schon frage, wer sich das leisten kann. Ich finde das total schade und schockierend. Das „alte Ottakring“ gibt es aber immer noch, schaut man sich die Thaliastraße und ihre Gegend an.

Am besten einfach machen und schauen, dass so schnell wie möglich eine Finanzierung da ist. Denn ohne Geld kann man seine Ideen nicht richtig umsetzen.

Dein Lieblingsspot in Ottakring?

Im Sommer bin ich sehr gerne im Kongressbad, vor allem morgens oder abends, wenn nicht mehr so viel los ist. Im Alltag habe ich natürlich den Yppenplatz und seine Kaffeehäuser sehr gerne. Das Weinhaus Sittl am Gürtel ist grandios und eigentlich mein zweites Wohnzimmer. Da finden auch meistens unsere Redaktionssitzungen statt. 

Wovon hängt deiner Meinung nach der Erfolg einer Printzeitung ab?

Einerseits davon, ob die Leser:innen das Medium annehmen. Andererseits davon, ob man überleben und weitermachen kann.

Welchen Tipp würdest du jemanden mitgeben, der/die sein/ihr eigenes Printmedium gründen möchte? 

Es gibt natürlich viele Kleinigkeiten, die man beachten muss, wenn man ein Printmagazin gründet. Aber ein Tipp, der mir damals besonders geholfen hat, war, dass man viel Ausdauer und Mut mitbringen sollte. Gerade wenn man am Anfang mit der Idee rauskommt, wird man viel kritisiert und abgelehnt, aber man muss einfach immer wieder nachhaken und darf nicht aufgeben. 

Am besten einfach machen und schauen, dass so schnell wie möglich eine Finanzierung da ist. Denn ohne Geld kann man seine Ideen nicht richtig umsetzen. Der unternehmerische Gedanke ist da besonders wichtig. Außerdem darf man auch keinen Schiss und keine Angst vor Absagen haben. Aber ich weiß, dass das einfacher gesagt, als getan ist. 

Alexandras Weg zur Herausgeberin:

  • 2018-jetzt Herausgeberin Ottakringer Flâneur
  • 2016-2018 Landesmanagerin von Mediaplanet Österreich
  • 2014-2016 Content- und Produktionsmanagerin bei Mediaplanet in Wien
  • 2013-2014 Projektmanagerin bei Mediaplanet in Wien
  • 2007-2013 selbstständig bei diversen DACH-Medien
  • 2008-2011 Bachelorstudium Translationswissenschaften Deutsch, Polnisch, Italienisch, Englisch
  • 2004-2006 E-Commerce Content Production & Sales beim römischen Reiseportal venere.com

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