Stefan Schett ist PR-Berater mit digitalem Schwerpunkt. In einem Takeover bloggt Jelena auf Stefans Substack-Newsletter, während er auf medien.Geil über die Unterschiede von Journalismus und PR und die Umstellung nach dem Branchenwechsel schreibt.
Vor genau zwei Jahren bin ich vom Journalismus in die PR gewechselt. Eine Entscheidung, die ich bis heute nicht bereut habe. Und ich bin damit nicht allein – viele Journalisten wechseln nach einigen Jahren die Branche und kommunizieren auf einer anderen Seite. Hier ein paar Eindrücke dazu, wie dieser Umstieg ist.
Digitale Kompetenz und Vertrauen
Zum einen gibt es mehr digitale Kompetenz als in vielen Redaktionen, in denen ich war. Das soll natürlich nicht heißen, dass es die im Journalismus überhaupt nicht gab – aber sie war tendenziell ungleich verteilt. Die Unterschiede zwischen denen, die Online-Kommunikation verstanden haben und denen, die im goldenen Zeitalter von Print aufgewachsen sind, waren das Alter und das Gehalt. Aber stay positive: Ich hab das Gefühl, dass sich das gerade ändert.
Auch in der PR wimmelt es nicht unbedingt von Social Media-Experten – aber das Grundverständnis dafür ist viel höher. „Unsere Alten“ – hier im Gegensatz zu älteren Chefredakteuren verstanden – haben zumindest gecheckt, dass das Internet wichtig ist und dass man sich damit beschäftigen muss, um zu überleben. Und was ich besonders schätze: Dass man sich nicht scheut, junge Leute nach vorne zu holen, wenn man da Aufholbedarf hat. Auch von Kunden bekommt man als Berater unter 30 Respekt, ohne von Vornherein als unerfahren abgestempelt zu werden.
Das Wichtigste in der PR? Journalisten.
Aber PR ist ja mehr als Social Media-Kommunikation. Ein wichtiger Teil der Arbeit sind die Beziehungen zu Journalisten. Immerhin stellen wir für unsere Kunden den Kontakt zu Medien her und übersetzen ihre Themen in eine Sprache, die Medien verstehen. Da hilft es natürlich besonders, zu verstehen, wie Journalisten arbeiten.
Als Ex-Journalist versteht man, was eine Geschichte ist und was nicht. Und das hilft mir auch dabei, meine Kunden in der Öffentlichkeit zu positionieren. Oft reicht es, wenn man nicht alle Informationen unterbringt, sondern sich auf die interessantesten konzentriert und nur dazu kommuniziert. Der Unterschied ist nicht, dass wesentlicher Kontext verloren ginge – sondern ob das Thema Mediennutzer erreicht oder nicht. Journalisten sind oft positiv überrascht und geben auch Feedback, wenn eine Presseaussendung sehr nützlich war – denn viele Aussendungen sind eben nicht gut.
Meine Abneigung gegen „Bullshit-Texte“ hat sich seit meinem Wechsel nicht verändert. Sie hat sich sogar noch verstärkt. Es gibt genug Agenturen oder interne Kommunikationsabteilungen, die nicht in Geschichten denken können und Presseaussendungen schreiben, die einem maximal beim Einschlafen helfen. Permanentes Passiv, „man“-Formulierungen und Infos, die maximal intern interessant sind – all das muss raus aus der Kommunikation. Das ist eine Kernkompetenz von Journalisten, die in der PR gebraucht wird – das erklärt auch, warum bei uns viele Leute sitzen, die früher bei großen Medien gearbeitet haben.
Keine Absage ans journalistische Arbeiten
Wenn ich aber sage, wie gut es mir in der PR gefällt, ist das keine Absage an den Journalismus. Denn das, war ich an der Branche mag, ist im weiteren Sinne auch journalistisches Arbeiten. Eine Geschichte gut erzählen, sie vom richtigen Winkel aus betrachten und einen Teil der Wirklichkeit aufbereiten, den die meisten so noch nicht auf dem Schirm hatten – das Kernelement meiner Arbeit hat sich eigentlich nie geändert. Egal ob als Blogger, Journalist oder PR-Berater.
Insofern will ich nicht davon abraten, im Journalismus zu bleiben und in das Land von Milch und Honig zu wechseln. Gute PR-Berater brauchen auch gute Journalisten, denen sie ihre Geschichten anbieten können. Übrigens gerade junge Leute, die in der Lage sind, die Print-Medienlandschaft in den nächsten zehn Jahren auf Online umzustellen. Seht es eher als eine Art zweites Standbein – denn journalistisches Arbeiten ist nicht nur im Journalismus gefragt.
Stefan Schett ist PR-Berater bei der Agentur Milestones in Communication. Im Journalismus war er unter anderem für den Kurier und Puls 4 und den Fact-Checking-Blog Fakt ist Fakt tätig, bevor er die Social Media-Präsenz von Addendum auf Social Media aufgebaut hat. In seinem Newsletter schreibt er über Politik und Kommunikation.