Im Zuge der #femspirationweek will ich meine Erfahrungen und Gedanken zu Sexismus im Journalismus zum Ausdruck bringen. Jenem Sexismus, dem Journalistinnen in ihrer Arbeit ausgesetzt sind aber auch die sexistische Art und Weise, wie Frauen in Medien dargestellt werden.

Meine persönliche Erfahrung

Was schon länger her ist, mir aber bis heute in Erinnerung geblieben ist: Ich hatte ein Treffen mit einem Politiker, von dem man weiß, dass er nicht so gerne fotografiert wird. Ein Kollege hatte schon die Lösung parat: „Kein Problem, die Jelena kann ihn ja bezirzen.“ Also das letzte Mal, als ich mir meinen Arbeitsvertrag angesehen habe, stand da noch Journalistin und nicht Callgirl.

Sicher nutze ich meine offene Art und meinen Charme in meinem Job, indem ich aufmerksam bin, Menschen zum Reden animiere und ihnen zuhöre. Aber mich vorzuschicken, jemanden zu bezirzen, ist sicherlich nicht Teil meiner Job Description und hat mich deutlich abqualifiziert. Jetzt würde die Aussage kommen: „Das war ja nur ein Scherz, nimm das nicht so ernst, lächle drüber oder mein Liebling: „DA MUSST DU DRÜBER STEHEN.“

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Ja, ich stehe offensichtlich drüber, ich bin schließlich immer noch Journalistin. Aber heißt das, dass ich mir jeden Scheiß gefallen lassen muss? Man muss sich das nur andersrum überlegen: Einen männlichen Journalisten vorzuschicken, damit er eine Politikerin bezirzt. Absurd, oder?

In diesem Beitrag kann ich sowieso nur einen Mini-Futzi-Ausschnitt von dem, was Frauen im Arbeitsleben an Sexismus abbekommen, darstellen.

Das Netz hasst Frauen mehr

Was praktisch an der Tagesordnung steht: bei Events ungewollt angemacht werden (hauptsächlich von alten Männern), bei Kommentaren und Leitartikeln generell ignoriert werden oder dass Ideen gestohlen und als eigene verkauft werden. Abgesehen davon ist Hass im Netz ein großes Thema für meine Kolleginnen und mich. Unsere männlichen Kollegen bekommen auch Hate ab, keine Frage. Aber explizit sexualisierte Gewaltandrohungen sind für Frauen reserviert. Mir wurde schon einiges angedroht. Hier besonders saftige Beispiele: „Du gehörst aufgespießt“, „Ich kann’s kaum erwarten dich in einer dunklen Ecke zu vergewaltigen“. Und die rassistischen Ergüsse sind da noch gar nicht berücksichtigt.

Und ehrlich gesagt, die Unterstützung und die gesetzlichen Möglichkeiten, die man da geboten bekommt, sind sehr limitiert. Es bleibt einer nur übrig, sich vom eigenen Umfeld und Gleichgesinnten Beistand zu holen, sonst hält man das nicht durch. Expertin zu diesem Thema ist Ingrid Brodnig und ihr Buch „Hass im Netz“ kann ich euch nur ans Herz legen. Sowie diesen Artikel von Kollegin Verena Bogner darüber wie Frauen mit Hass im Netz umgehen.

Sexistische Darstellung von Frauen in den Medien

Weiter im Programm: Wie teilweise über Frauen berichtet wird und wie sie dargestellt werden, ist eine Schande fürs journalistische Handwerk.

Gabriele Melischek, die Medien und Politik erforscht, stellt bei einem Sorority Talk zu diesem Thema fest: „Frauen werden von Medien härter und anders beurteilt und weniger ernst genommen.“ Man versucht Frauen mit Klischees zu versehen und damit abzuqualifizieren. Die Devise lautet: Männer sind kompetent und Frauen weiblich. Kompetenz ist demnach unweiblich und Medien reproduzieren diese Klischees andauernd. Drum gibt es Aussetzer, wie bei Amal Clooney, Legs-it oder einem der vielen heimischen Beispiele. Und dass „wichtige Themen“ wie Politik, Wirtschaft und Wissenschaft hauptsächlich von männlichen Experten kommentiert werden, dürfte wohl jedem aufgefallen sein. Frauen werden seltener als Expertinnen ausgesucht, somit sind qualifizierte Frauen nicht sichtbar – es ist eine Spirale. Welche Auswirkungen das auf die Rezipientinnen hat? You can’t be what you can’t see.

Und das sowas durchgeht, liegt auch an den sexistischen Strukturen, die in Medienhäusern herrschen. Eine weibliche Führungskraft ist da nicht die Lösung, denn es gibt leider genug Frauen, denen das Pushen von anderen Frauen kein Anliegen ist. Aber es ist auch nicht das Ziel, dass eine Frau dort sitzt. Sondern mehrere. Und wenn bei der Redaktionssitzung 10 weibliche Entscheiderinnen mitbestimmen, dann werden sich schon ein paar finden, die meinen: „So gehen wir sicher nicht in Druck.“

Wo sind die weiblichen Führungskräfte?

In meiner Masterarbeit befasse ich mich gerade mit diesem Thema und ich muss euch sagen, es sieht düster aus. Nur rund jede zehnte Journalistin erringt eine leitende Funktion– und wenn dann vorwiegend in Lifestyle- und Frauenmagazinen – während dies fast jedem fünften Journalisten gelingt. Obwohl ein Mangel an weiblichen Führungskräften kein journalistisches Phänomen ist, gehen in Medienberufen deutlich mehr Frauen auf dem Karriereweg nach oben verloren als in anderen Branchen.

Wenn ihr euch aber umseht, seht ihr, dass die JungjournalistInnen überwiegend weiblich sind. Und das stimmt auch, denn unter den Jungen bis 29 Jahre bilden Frauen mit 59 Prozent bereits die Mehrheit. Während die Anzahl der Journalistinnen insgesamt konstant steigt, bleibt die Summe der Frauen in Führungspositionen gleich niedrig. Gerade jene Branche, die die Kritik- und Kontrollfunktion unserer Demokratie übernimmt und die Aufgabe hat Missstände aufzudecken, Geschehnisse zu hinterfragen, Kritik zu üben und zur Meinungsbildung beizutragen, sollte ihrer Vorbildfunktion gerecht werden.

Was kann man dagegen tun?

Ich hoffe sehr im Zuge meiner Forschung Impulse zu möglichen Besserungen zu finden. Beim Sorority-Talk wurden folgende Vorschläge genannt:

  • Wenn Frauen in der Politik in entsprechende Positionen gebracht werden, spiegelt sich das auch in den Medien wieder, denn es kann nicht nicht über sie berichtet werden.
  • Damit diese Berichterstattung auch korrekt abläuft, kann mit einem 4-Augen-Prinzip gearbeitet werden. Das bedeutet, ein Mann und eine Frau treffen gemeinsam eine Entscheidung.
  • Ein Gleichstellungsplan, der die Management-Ebene miteinbezieht, kann den Druck von Frauen nehmen, sich immer der Blattlinie zu fügen und fördern Sexismus öfter anzusprechen.
  • Auf Feedback von außen reagieren und reflektieren. Sich innerhalb der Redaktion Fehlern mutig stellen und intern Diskussionen führen.
  • Quotenregelungen an Förderungen koppeln. Wenn die Quote nicht eingehalten wird, fällt die Förderung weg.
  • Mehr Expertinnen zu Wort kommen lassen. All-Male-Panels sind einfach passé.

Das alles erfordert einen ersten Schritt: Bewusstsein schaffen.

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